Digitalisierung hilft Unternehmen, leistungsfähiger und effizienter zu werden – Das ist hinreichend bekannt. Doch wie kann es sein, dass nach dem Überführen von Papierlisten in digitale Formate und nach dem Abbilden von Workflows in softwaregestützte Systeme immer noch Frust herrscht? Vielleicht wurde eine wichtige Grundüberlegung zu Beginn vergessen.

Hinterfragen Sie den Status Quo

Ich erlebe häufig digitale Lösungen, welche nachdem Sie eingeführt wurden, nicht zu einer Verbesserung der unternehmerischen Leistung beitragen. Das bedeutet, trotz der Digitalisierung Prozesse nicht kundenorientierter wurden, nicht schneller durchgeführt werden und auch die Akzeptanz der neuen Lösung nicht zugenommen hat. Sprich das „Geschimpfe“  über die „neue“ Lösung ist noch genauso vorhanden, wie zuvor. Häufig liegt das daran, dass das Überführen von einer analogen Welt in eine digitale das grundlegende Problem nicht löst. Denn auch unzureichende Ansätze lassen sich digital abbilden. Um dies zu vermeiden, sollten Sie zu Beginn Ihrer Digitalisierung den Status Quo auf den Prüfstand stellen.

Gleiches gilt auch für die Auswertung von Daten und Informationen im Rahmen Ihrer Business Intelligence. Stellen Sie stets auf den Prüfstand, ob Ihre Datenqualität ausreichend für den Gewinn der gewünschten Informationen ist.

Zusammenfassend gilt:

Schlechte analoge Prozesse + Digitalisierung = Schlechte digitale Prozesse

Schlechte Datengrundlage = Schlechte Informationslage = Schlechte Grundlage für Entscheidungen

Oder: Shit-in-Shit-Out

Hinterfragen Sie in Ihrem Projekt daher immer den aktuellen Stand. Insbesondere dann, wenn das letzte Update des zugrundeliegenden Prozesses schon eine Weile her ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob Ihr Projekt ein Digitalisierungsprojekt, ein Verbesserungsprojekt oder ein Projekt zur Datenauswertung ist.

Schlagen Sie zwei Fliegen mit einer Klappe

Wenn Sie von Beginn an hinterfragen, ob Sie die richtigen Informationen erheben oder digitalisieren, profitieren Sie gleich in zweierlei Hinsicht. Zunächst ist die Überführung von schlanken Prozessen in die digitale Welt in der Regel kostengünstiger. Das liegt daran, dass der Entwicklungs- und Testaufwand steigt, wenn ihr Prozess viele Schnittstellen und Informationen beinhaltet. Sie sollten daher den aktuellen Ist-Prozess einmal vollständig visualisieren und optimieren. Dies schafft Klarheit über den Umfang der Digitalisierung und erlaubt eine saubere Abgrenzung und Skalierung.

Sie können dieses Vorgehen mit einem Umzug vergleichen. Sie haben zwei Möglichkeiten, wenn es um den Transport Ihres Inventars geht. Sie können entweder alles in Kisten verpacken und in das neue Gebäude mitnehmen. Möglicherweise stellen Sie dann irgendwann doch fest, dass Sie einige Kisten nie auspacken oder deren Inhalte irgendwo ungenutzt liegen bleiben. Die Alternative wäre, sich zunächst von Altlasten zu trennen und die Umzugskartons dann zu packen. So reduzieren Sie die Anzahl der benötigten Pakete und reduzieren möglicherweise ihre Transportkosten.

Auch in Hinblick auf die Akzeptanz innerhalb Ihrer Organisation hat dieses Vorgehen einen positiven Effekt. Ein häufiger Grund für eine ablehnende Haltung in Veränderungsprozessen sind negative Erfahrungen aus vorangegangenen Projekten. Diese entstehen zum Beispiel dann, wenn Projekte nicht zu einer wahrgenommenen Verbesserung bei den Prozessbeteiligten führt. Wenn Sie Ihre Prozesse und Daten hinterfragen, werden Sie auch schnell feststellen, welche Gruppen und Personen besonders betroffen sind. Sie sollten darüber nachdenken, diese Personen in das Projekt einzubeziehen, oder zumindest deren Meinung zum Status-Quo einfangen. Wenn es Ihnen im Rahmen Ihres Projektes gelingt, die Anforderungen der wesentlichen Prozessbeteiligten zu berücksichtigen, wird Ihnen das dabei helfen, aktuell vorhandene Schwächen zu eliminieren und die Akzeptanz der neuen Lösung zu steigern.

Handlungsempfehlungen für einen besseren Start

Bevor Sie darüber nachdenken, welches Datenformat oder welche Software am besten geeignet ist, ihre Unternehmensabläufe zu digitalisieren und zu verbessern, sollten Sie einen genauen Blick auf Ihre bestehenden Prozesse und Daten werfen. Trennen Sie sich von Altlasten. Auch wenn diese möglicherweise in der Vergangenheit eine Daseinsberechtigung hatten, muss das nicht heißen, dass dies noch immer zutrifft. Lassen sie sich nicht von Gedanken wie „Da wird sich wohl jemand was bei gedacht haben“ oder „Das ist einfach so“ vom weiteren Nachhaken abhalten. Der Blick von außen kann hierbei eine wertvolle Ergänzung sein. Holen Sie sich zum Beispiel Personen aus komplett anderen Unternehmensbereichen oder Branchen mit ins Team, wenn Sie die Möglichkeit hierzu haben.

Überprüfen Sie, ob das was sie gerade in die digitale Welt übersetzen wollen folgende Kriterien erfüllt:

  • Der zu digitalisierende Prozess ist klar und sinnvoll abgegrenzt
  • Sie wissen, auf welches Ihrer unternehmerischen Ziele der zugrundeliegende Prozess abzielt
  • Die erfassten Informationen bzw. Arbeitsschritte sind zielführend
  • Sie wissen und können begründen, warum die erfassten Daten und Informationen benötigt werden
  • Die benötigten Daten lassen sich möglichst mühelos erfassen
  • Die am Prozess beteiligten Personen sind für den Prozess unabdingbar
  • Jeder Personenkreis, der Informationen benötigt, erhält diese
  • Gruppen, die die Informationen nicht benötigen, werden nicht damit überflutet

Bildnachweis:
deagreez/ stock.adobe.com

Published On: 23. Oktober 2022 / Categories: Digitalisierung, Prozessmanagement /