Mehr Orientierung am Kunden und die Steigerung von Qualität waren die ursprüngliche Motivation. Heute wissen wir, dass Prozessorientierung nicht nur im Rahmen des Qualitätsmanagements von Bedeutung ist, sondern dass sich noch weitere Vorteile nutzen lassen. In den meisten Unternehmen gibt es bereits Ansätze und Programme. Leider sind nicht alle konsequent umgesetzt. Potentiale und technische Möglichkeiten bleiben ungenutzt. Dieser Artikel soll nicht nur einen Impuls für den Einstieg ins Prozessmanagement liefern, sondern auch dazu anregen, die Effektivität bereits vorhandener Ansätze zu hinterfragen.

Die Ziele des Prozessmanagements

Prozesse beschreiben den Ablauf von Entscheidungen und Handlungen, die zu einem gewünschten Ergebnis führen. Somit bestehen Prozesse in jeder Organisation. Egal, ob Sie sich vorgenommen haben, Prozessmanagement zu betreiben oder nicht. Wenn Ihre Organisation wächst, neue Leistungen erbringt oder sich auf andere Art verändert, dann werden sich in den meisten Fällen bestehende Abläufe verändern. Ohne Prozessmanagement geschieht dies eher zufällig und reaktiv – Ich verwende an dieser Stelle dann oft den Ausdruck: „Beim Machen so passiert“.

Sie sehen: Neue und veränderte Prozesse entstehen von ganz allein. Das primäre Ziel von Prozessmanagement ist es daher nicht, neue Prozesse zu generieren. Es geht darum, ihre bestehenden Prozesse zu verwalten und regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen, um

  • Prozesse darauf auszurichten, die aktuellen Bedarfe Ihrer Kunden zu erfüllen
  • Prozessabweichungen, die unbewusst eingetreten sind, zu identifizieren und diese zu bewerten
  • Sicherzustellen, dass Ihre Prozesse und Ihre Organisation noch aufeinander abgestimmt sind, um Ihre Ziele effizient zu erreichen
  • Potentiale zu entdecken, die Ihnen helfen, noch besser und effizienter werden können
  • Unwirtschaftliche Abläufe zu eliminieren
  • Prozessfähigkeiten anhand definierter Kennzahlen zu bewerten und sicherzustellen
  • Die Resilienz gegenüber möglicherweise auftretenden (oder bereits aufgetretenen) Veränderungen, Herausforderungen und Problemen zu erhöhen

Selbstverständlich werden Sie im Rahmen des Prozessmanagements auch an einen Punkt kommen, an dem kontinuierliche Verbesserung nicht mehr ausreicht und Sie Ihren Prozess vollständig neu denken müssen. Derart weitreichende Projekte werden – gutes Prozessmanagement vorausgesetzt – jedoch nur gezielt und bewusst eingesetzt und nur einen geringen Teil Ihrer Prozessmanagement Tätigkeiten ausmachen.

Erzeugen Sie Ownership Ihrer Mitarbeitenden

Wenn Sie Prozessmanagement ernsthaft betreiben, dann gibt es für jeden Prozess eine verantwortliche Person oder auch Prozesseigentümer genannt. Prozessverantwortliche stellen sicher, dass die Prozesse dauerhaft überwacht werden. Sie tragen zur kontinuierlichen Verbesserung der Prozesse bei und definieren gemeinsam mit Prozessteams Maßnahmen, um diese Verbesserungen zu planen und umzusetzen.

In das Prozessmanagement sind also mehrere Personen eingebunden, die an der Entwicklung und der Erreichung der oben genannten Ziele des Prozessmanagements beteiligt sind. Daher ist es wichtig, dass prozessverantwortliche Personen nicht nur eine ausgeprägte prozessorientierte Denkweise mitbringen. Die Prozessverantwortlichen müssen ebenso Führungsqualitäten besitzen und in der Lage sein, die Mitglieder der Prozessteams zu begeistern, zu entwickeln und zu führen. Wenn Sie Ihre Abteilungsspitzen mit entsprechenden Personen besetzt haben, ist es eine Möglichkeit diese als prozessverantwortliche zu gewinnen. Aber auch Personen ohne eine formelle Führungsaufgabe können Sie hier in Betracht ziehen. So kann die Rolle des Prozessverantwortlichen ein guter Einstieg in Führungsaufgaben sein. Gleichzeitig gibt dies der betroffenen Person die Möglichkeit, für sich herauszufinden, ob ihr Führungsaufgaben liegen. Auch in agilen Organisationen, bei denen sich Führungsrollen nicht aus hierarchischen Strukturen ergeben, gilt es, auf diese Art Personen mit geeigneten Führungsqualitäten zu identifizieren. Um ein maximum an Ownership zu generieren, sollten Sie dabei auf Freiwilligkeit Wert legen.

Wo und wie Sie mit dem Prozessmanagement beginnen können

Neben den bereits aufgeführten Punkten können Sie in vielen Situationen von Prozessmanagement profitieren. Durch die intensive Einbindung der Prozessteams sind diese immer auf dem aktuellen Stand, was die Abläufe im Unternehmen angeht. Insbesondere bei der Einarbeitung neuer Mitarbeitenden sorgt dies dafür, dass die wesentlichen Prozesse und ihre Besonderheiten schnell vermittelt werden können. Haben die Prozessteams dann noch eine sauber dokumentierte Prozesslandschaft, ermöglicht diese auch den Neuzugängen eine sinnvolle Ergänzung zum Eigenstudium.

Die bisher aufgeführten Mehrwerte sollen Impulse für mögliche Einsatzbereiche in Ihrem Unternehmen geben. Bevor Sie sich nun aber operativ ans Werk machen, möchte ich zunächst noch einmal dazu anhalten, Ihre persönlichen unternehmerischen Vorteile zu skizzieren, die Sie sich vom Prozessmanagement erhoffen. Werden Sie sich nochmal bewusst, wozu Sie Prozessmanagement einführen möchten und welches die in Ihrem Unternehmen dringendsten Gründe sind. Am besten lässt sich dies aus meiner Erfahrung in einer kleinen Gruppe erarbeiten. Organisieren Sie hierzu zum Beispiel ein Meeting mit den potentiellen Prozessverantwortlichen. Wenn sie diese Personen selbst erarbeiten lassen, welche Vorteile das Prozessmanagement mit sich bringt, erhöhen Sie die Chance auf freiwillige Prozessverantwortliche. Lassen sie aber auf keinen Fall außer Acht, dass die Einführung eines Prozessmanagements auch neue Aufgaben und Anforderungen innerhalb Ihrer Teams bedeutet.

Ich empfehle also: Nehmen Sie sich Zeit, die Gründe für diese Veränderungen noch einmal hervorzuheben und sich eine für Ihre Organisation angemessene Kommunikationsstrategie zu überlegen. Wenn alle Teilnehmer ein gemeinsames Ziel identifiziert haben, bietet es sich an, mit einer hohen Flughöhe einen Blick darauf zu werfen, wie im Unternehmen Mehrwerte für Kunden erzeugt werden. Sie können sich hierbei an dem Vorgehen orientieren, welches ich bereits in meinem Artikel „Gehen Sie mit Ihrer Prozesslandkarte auf Schatzsuche“ geschildert habe.

Bildnachweis:
Arnéll Koegelenberg / peopleimages.com / stock.adobe.com

Published On: 21. Juni 2023 / Categories: Prozessmanagement /